Gegenwind aus dem Landkreis Passau: Chance auf ergebnisoffene Potenzialanalyse seit fünf Jahren ungenutzt

Seit 15 Jahren kämpfen wir nun schon um die Zukunft der Ilztalbahn. Und seit mittlerweile fünf Jahren ist dieses Ziel näher denn je: Das Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) haben angeboten, eine Potenzialanalyse zu erstellen, die objektiv die Reaktivierungswürdigkeit der Ilztalbahn beurteilt.

Doch seit fast fünf Jahren blockiert der Landkreis Passau diese Analyse, obwohl er nur einen Bruchteil zum Potenzial der gesamten Strecke beiträgt. Verwiesen wird auf Abstimmungen in den Gemeinden mit negativem Stimmungsbild. Vorgebracht werden Befürchtungen um die Beeinträchtigung des „sehr guten Busverkehrs“ und die Sorge um die Verschlechterung des Schülerverkehrs. Am Ende steht die Behauptung, dass eine Potenzialanalyse – wenn positiv – unumkehrbar die Reaktivierung der Ilztalbahn und damit quasi die Einstellung des gesamten Nahverkehrs im Landkreis nach sich zieht.

Dann vor über einem Jahr auf Drängen des Landkreises Freyung-Grafenau und der Stadt Passau ein Lichtblick: Ein Fragenkatalog an das Ministerium sollte alle offenen Fragen klären. Seit Anfang Juli liegen nun die Antworten vor.

Im Landkreis Passau sollen die Gemeinden nun erneut ein Stimmungsbild zusammentragen. In Ruderting und Neukirchen vorm Wald sind aber bereits wieder negative Beschlüsse gefasst worden, Hutthurm stellt das Thema zur Diskussion. Dabei wird mit Halbwahrheiten und Vermutungen argumentiert, die jeder Grundlage entbehren.

Ruderting: „Die Reaktivierungspläne und die mögliche Anschließung Rudertings an die Ilztalbahn sollen weiterhin nicht unterstützt werden. […] Das große Problem sei, sollte die Ilztalbahn reaktiviert werden, dass dadurch wahrscheinlich Busrouten wegfallen würden, da der Zug Vorrang vor dem Busverkehr habe, erklärte Rudolf Müller.“

„Wahrscheinlich“ könnten Busrouten wegfallen. Doch um herauszufinden, ob überhaupt Linien betroffen wären, wird die Potenzialanalye benötigt, welche die Gemeinde Ruderting blockiert. Das Ministerium stellt das in seiner Antwort nochmals klar:

Ministerium: „Untersuchungen hierzu werden von der BEG erst nach Vorliegen der positiven Gremienbeschlüsse der beiden Land­kreise und der kreisfreien Stadt Passau gestartet. Abschätzungen aufgrund der bisher vorliegenden Unterlagen sind nicht belastbar. […] Eine SPNV-Reaktivierung muss die Verkehrssituation insgesamt verbessern. Gegen den Widerstand der Region wird der Freistaat keine Reaktivierung durchfüh­ren.“

Seitens der Verwaltung und der Bürgermeister im Landkreis Passau scheint man alle Ergebnisse der Potenzialanalyse bereits zu kennen und nimmt klarstellende Aussagen aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr nicht zur Kenntnis. Aus Neukirchen vorm Wald (nur mit wenigen Einwohnern direkt von der Ilztalbahn betroffen) kommt die folgende Meldung:

Neukirchen vorm Wald: „In seinem Grußwort hatte Neukirchens Bürgermeister Georg Steinhofer die Antworten der Staatsregierung zur Wiederbelebung der Ilztalbahn für den Regelverkehr als „wischiwaschi“ zurückgewiesen. Die Bahnstrecke sei für einen sinnvollen Verkehr einfach nicht geeignet, bekundete er, und versprach, die Reaktivierung mit aller Kraft zu verhindern“ [Quelle: PNP Vilshofen vom 05.08.2019]

Neukirchen vorm Wald: „Angesichts einer gut funktionierenden Schülerbeförderung und einer guten Anbindung an den ÖPNV dürfe es durch eine Potenzialanalye zu keinerlei Verschlechterung kommen, stellte der Bürgermeister fest. Auch die Hutthurmer müssten nach Kalteneck. […] Aus dem Gremium wurde zudem die Befürchtung laut, dass sich in Folge auch der ÖPNV verschlechtere.“ [Quelle: PNP Passau Land vom 03.08.2019]

Als Grund für die Blockade wird der Schülerverkehr vorgeschoben. Es stimmt nicht, dass eine Regelung im ÖPNV-Gesetz Schüler in einer Fußwegentfernung von bis zu drei Kilometern zu Fuß zum Bahnhof schickt. Lediglich soll der Schulweg auf dem preisgünstigsten Weg erfolgen. Wie sollte es von Hutthurm also billiger sein, über Fischhaus nach Passau zu fahren und nicht direkt? In einem Verkehrsverbund hätte der Landkreis diese Entscheidung selbst in der Hand. Außerdem dürften viele Schüler mit einer Bahn im Stundentakt und einem kurzen bis mittleren Fußweg oder Fahrradfahrt zum Bahnhof besser bedient sein, als mit einem zweimal täglich verkehrenden Schulbus. Und wir fragen uns, warum an bestehenden Bahnstrecken, wie z.B. der Rottalbahn im Landkreis Passau (vergleiche z.B. Fürstenzell) der Schülerverkehr auf und abseits der Schiene anscheinend funktioniert.

Seit mittlerweile neun Jahren beweist die Ilztalbahn, dass das Mobilitätsangebot auf der Schiene gut angenommen wird – bisher jedoch nur im Sommerhalbjahr an den Wochenenden. Die Motivation für das vielfältige ehrenamtliche Engagement der Ilztalbahn-Aktiven unterstreicht das Verkehrs­ministe­rium eindrücklich: Auf die Frage, ob im Falle einer Wiederaufnahme des Bahnbetriebs zwischen Passau, Waldkirchen und Freyung mit einer spürbaren Entlastung der B12 und der B85 zu rechnen sei, lautet die Antwort: „Diese Einschätzung der Stadt Passau wird vom Freistaat geteilt.“

Wir bitten den Landkreis Passau eindringlich, die bisherige Blockadehaltung aufzugeben und den Weg zu einer objektiven Potenzialanalyse freizumachen. Nur dann können wir die vorgetragenen Bedenken und Befürchtungen bestätigen oder ausräumen. Als Rekation auf die letzten Presseberichte haben wir eine Pressemitteilung verfasst, die Sie hier im Orginal lesen können: Pressemitteilung zur Potenzialanalyse

Und warum setzen wir auf die Bahn? Hier sind unsere Argumente: Zukunft Ilztalbahn

2 Kommentare
  1. Friedrich Papke
    Friedrich Papke sagte:

    Nur noch eine Anmerkung zur „guten Anbindung an den ÖPNV“ in Neukirchen: Der letzte Bus nach Passau fährt werktags um 17:08 Uhr ab…

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  2. SchieneFORever
    SchieneFORever sagte:

    Finde es lächerlich das Politiker die von tuten und blasen keine Ahnung haben immer alles kaputt machen müssen. Ich habe keine Lust in einem überfüllten Bus von Schulkinder zu sitzen bzw durch Platzmangel gar nicht befördert zu werden.

    Zug+100 Leute= angenehme Beförderung.

    Bus+100 Leute= gar keine Beförderung!!

    Der Nahverkehr sollte von neutralen Leuten mit Erfahrung und Kompetenz geregelt werden und nicht von inkompetenten Politikern im Land!

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